Mein Welpe hat sich heute Nacht übergeben, muss ich zur Tierarztpraxis?

Welpenentwicklung

„Tommy hat heute Nacht erbrochen, sein Frühstück hat er heute Morgen gefressen und sonst scheint er fit, müssen wir uns jetzt Sorgen machen und darf er noch zur Welpenschule kommen?“

Gerade bei Welpen muss man oft sehr vorsichtig sein, wenn sich Symptome zeigen, da sie aufgrund ihres jungen Alters dem Ganzen noch nicht so viel entgegen setzen können. Dennoch ist nicht jede Form des Erbrechens gleich ein Notfall und muss beim Tierarzt behandelt werden.

Doch wie kann ich beim Thema Erbrechen einen milden Verlauf von einer schwerwiegenden Erkrankung, bei der jede Sekunde zählt, unterscheiden?

Wie entsteht akutes, einmaliges Erbrechen mit milden Symptomen, oder anders: Wieso kommt das Erbrechen bei Kleintieren öfter mal vor?

Das Erbrechen, auch Vomitus genannt, kann beim Hund beispielsweise bei der Reisekrankheit auftreten und mit dem Gleichgewichtsinn zu tun haben, oder auch ein Schutzmechanismus des Körpers sein, wenn etwas gefressen wurde, das nicht weiter verdaut werden sollte, weil der Körper es als potentiell gefährlich erfasst. Weiterhin kann es aber auch ein Symptom für schwerwiegende Erkrankungen wie eine Magendrehung sein, insbesondere dann, wenn der Hund würgt, ohne dass sich der Magen entleeren kann.

Schauen wir uns den Vorgang des Erbrechens einmal genauer an, um die vielfältigen Ursachen, die Erbrechen auslösen können, nachzuvollziehen.

Im Zentrum steht das Brechzentrum, welches verschiedene Strukturen des Gehirns beschreibt, die sich im Hirnstamm befinden. Über Nervenbahnen steht dieses Brechzentrum mit der Bauchmuskulatur und dem Zwerchfell in Verbindung. Durch die Übertragung eines Signals werden die Muskeln angespannt (auch Bauchpresse genannt), sodass Druck auf den Magen und das Duodenum (vorderer Teil des Darms) ausgeübt wird und der Inhalt über die Speiseröhre und das Maul entleert wird. Dieser Vorgang ist als Schutzmechanismus zu verstehen, damit die unverdaulichen oder potentiell toxischen Inhaltstoffe nicht weiter verdaut werden und weiteren Schaden anrichten.

Dieses Brechzentrum ist unter anderem auch mit dem Vestibularorgan verbunden, welches für den Gleichgewichtssinn verantwortlich ist. In einem anderen Artikel gehe ich näher auf dieses Organ ein und erkläre die Kopfschiefhaltung und deren Ursachen. Somit können Schwindel und Gleichgewichtsstörungen Erbrechen auslösen.

Befinden sich in der Bauchhöhle Entzündungen oder auch aufgegaste Organe, wird das Brechzentrum über Nervenbahnen informiert. Die Hirnrinde (Kortex) benachrichtigt das Brechzentrum bei Vorliegen eines Hirn-Schädeltraumas, Tumoren oder Entzündungen, aber auch bei extremen Stress oder Angst.

Eine besondere Rolle, insbesondere bei der Gabe von Medikamenten gegen das Erbrechen, spielt die sogenannte CTZ, da diese entsprechend der Tierart (Hund vs Katze) unterschiedlich zusammengesetzt ist und aus verschiedenen Rezeptoren besteht. CTZ steht dabei für Chemorezeptoren-Triggerzone. Diese befindet sich in der Nähe des Brechzentrums im Gehirn in der Area Postrema. An dieser wirken sowohl Medikamente, aber auch Bakterientoxine oder Gifte.

Es gibt noch einen Begriff, der ein Verhalten beschreibt, welches schnell mit dem Erbrechen verwechselt werden kann, ich spreche hier vom Regurgitieren, eine Art „Aufstoßen“ die auch beim Hund in seltenen Fällen zu beobachten ist. Im Unterschied zum Erbrechen ist keine Bauchpresse zu beobachten. Der Inhalt der Speiseröhre landet dabei nicht im Magen. Stattdessen gelangt das Futter, Wasser oder Schleim wieder in entgegengesetzter Richtung im Maul und letztendlich außerhalb des Hundes. Es ist sehr wichtig Regurgitieren von Erbrechen unterscheiden zu können, da Erkrankungen wie ein Megaösophagus oder eine Myastenia Gravis ursächlich sein können.

Du siehst also, dass das simple Symptom des Erbrechens vielfältige Ursachen haben kann und manchmal nur eine Begleiterscheinung darstellt. Grundsätzlich ist es sehr wichtig, deinen Hund genau zu beobachten, um weitere Symotome festzustellen. Ein  einmaliges Erbrechen stellt dabei noch keinen Notfall dar, solange dein Hund einen fitten Eindruck macht, weiterhin normal trinkt und frisst und auch sonst einen munteren und aktiven Eindruck macht.

Nun ist es mir einmal wichtig, grob aufzuzählen, welche Faktoren einen Tierarztbesuch unbedingt und schnellstmöglich erforderlich machen, wenn dein Hund Erbrechen zeigt:

  • Blut im Erbrochenen
  • Fremdkörperverdacht
  • Häufiges Erbrechen
  • Erbrechen über mehrere Stunden oder einen längeren Zeitraum
  • Erbrechen, ohne dass etwas herauskommt (Verdacht auf Magendrehung)
  • Hund hat Gift gefressen oder etwas anderes
  • Hund zeigt Schocksymptome (blasse Schleimhäute, wirkt matt und abgeschlagen, Herz schlägt langsam oder viel zu schnell, Vitalparameter verändert,…)
  • Erhöhte Körperinnentemperatur
  • Aufgeblähter Bauch
  • Trinkt nicht oder weniger
  • Zeigt Schmerzen oder wirkt apathisch
  • Zusätzlich Durchfall
  • Kopfschiefhaltung
  • Gleichgewichtsstörungen

Eine aus meiner Sicht wirklich hilfreiche Seite ist die Website über die Erste Hilfe am Hund.

Solltest du dir unsicher sein, ob dein Hund Hilfe benötigt, nimm unbedingt Kontakt mit deinem Tierarzt/Tierärztin auf. Bereits am Telefon kannst du dir Rat und Unterstützung suchen und erfragen, ob ein Termin sinnvoll ist.

Tierärztin, Autorin und deine Hundeexpertin: Valérie Pöter

Über mich

Valérie Pöter hat 2017 ihr Staatsexamen als Tierärztin abgelegt und ist seit 2018 als Hundetrainerin tätig.

In ihrer Hundeschule in Oldenburg legt sie großen Wert auf Spaß und Motivation im Training und auf die verständliche Erklärung komplexer Zusammenhänge.

Diese Fähigkeiten brachten sie zusammen mit ihrer Leidenschaft fürs Zeichnen dazu, Fachwissen rund um den Hund auf ihrem Blog strukturiert und kreativ zu vermitteln – die Idee zu den FAQ Hund war geboren!

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