Ich erinnere mich an meine Grundschulzeit zurück. Meine Freundinnen und ich stehen in der Weitsprung -Sandgrube (ich musste kurz googeln wie man das nennt) und diskutieren hitzig, wer heute das Pferd und wer der Reiter sein darf. Schnell ist es entschieden und ich spiele den wilden und ungehorsamen Hengst Blitz. Wir verknoten ein Springseil um meinen Bauch und Louisa hält die Zügel in der Hand. Augenblicklich galoppiere ich los, im wilden Zick Zack über den Schulhof. „Halt, nicht so schnell!“ ruft Louisa. „Aua!“ rufe ich und bleibe stehen. Das Seil zieht ganz schön am Bauch. „Du darfst jetzt nicht sprechen, du bist doch ein Pferd“ sagt Roberta. Ich versuche langsam weiterzulaufen, doch Louisa hält mich fest. „Hier geht’s lang“ sagt sie und zieht mich hinter sich her. Ich wehre mich und versuche in eine andere Richtung zu galoppieren. Mit dem Klingeln der Pausenglocke bin ich erlöst und kann mich von dem Seil befreien. Louisa und ich sind erschöpft und trödeln Richtung Klassenraum.
So oder so ähnlich haben wir damals unsere Pausen verbracht. Fachlich ausgedrückt könnte man es als Kommunikationsmissverständnis bezeichnen, denn Louisa und ich hatten scheinbar unterschiedliche Vorstellungen.Heutzutage beobachte ich ähnliche Situationen, wenn es um die Leinenführigkeit zwischen Mensch und Hund geht.
Häufig begegnen mir genervte Besitzer und Hunde, die das Ziehen an der Leine perfektioniert haben.
Soll ein Hund an lockerer Leine laufen, sollte man sich bewusst machen, dass wir etwas Unnatürliches von unseren Hunden erwarten. Damit meine ich, dass die Leinenführigkeit dem Hund nicht angeboren ist, sondern zunächst erlernt werden muss. Schritt Nummer 1 sollte also sein, dem Hund zu vermitteln, was er eigentlich machen soll. Ziemlich oft ist leider das Gegenteil der Fall. Der Hund hört ausschließlich was er falsch macht. Außerdem handelt es sich um eine Bewegungseinschränkung des Hundes, denn seine Bedürfnisse, wie das Jagen, können erstmal nicht ausgelebt werden.
Wir Menschen sind jedoch verantwortlich für unsere Vierbeiner und für dessen Sicherheit verantwortlich. Daher sollte jeder Hund das Laufen an lockerer Leine lernen.
Kommt uns im Wald ein angeleinter Hund entgegen, solltet ihr euren Hund ebenfalls anleinen. Nur so ist ein entspanntes Miteinander möglich und vielen Hundehaltern mit ängstlichen Hunden oder Hunden mit Aggressionspotential wäre geholfen. Oft habe ich den Eindruck, dass es schlichtweg Bequemlichkeit ist, wenn Hundehalter ihre Hunde trotz freundlicher Aufforderung nicht anleinen.
Zurück zum Training…
…ein gutes Training setzt sich aus 3 wichtigen Komponenten zusammen:
- 1. Die Motivation muss stimmen
- 2. Die Trainingsschritte müssen strukturiert aufgebaut werden
- 3. Die Reize werden nach und nach gesteigert
Solange ein Hund stark an der Leine zieht, sollte er außerhalb des Trainings nicht ausschließlich am Halsband geführt werden. Der Druck auf das Halsband übt zugleich enormen Druck auf wichtige Organsysteme aus, wie die Halsschlagader, die Luftröhre, die empfindlichen Halswirbel, sowie auf Nerven und die Schilddrüse. Durch die Atemnot kann ein Lungenödem entstehen, der Augeninnendruck kann ansteigen und Schäden an der Schilddrüse können zu Schilddrüsenerkrankungen führen. Die entstehenden Schmerzen Aggressionsverhalten auslösen bzw. bestehendes Aggressionsverhalten verstärken. Nach §1 des Tierschutzgesetzes darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Daher unterlasst bitte den Ruck an der Leine!
Ich habe Mensch-Hund-Teams kennengelernt mit Hunden, die sich ohne die Schmerzen durch das Halsband nicht halten lassen und den Hund auf der gegenüberliegenden Straßenseite verletzen würden. Hier ist ein ganzheitliches Training notwendig, um die Ursache für das Aggressionsverhalten herauszufinden. Auch hier gilt: das Training sollte gut strukturiert sein und die Reize Schritt für Schritt gesteigert werden.