Vor kurzem erreichte mich folgende Nachricht, die ich gerne mit dir teilen möchte, da sie die vielen Aspekte eines zielgerichteten und umfangreichen Antijagdtrainings in all seinen Facetten benennt und eine wichtige Frage aufwirft:
„Ich habe eigentlich einen super gut erzogenen Labradorretriever. Seit Neustem läuft er einfach weg und rennt. Ausgelastet ist er, dies macht er auch nach 2 Stunden draußen und spielen mit anderen Hunden. Er kommt dann nach ca. einer halben Stunde wieder. Ist es ein Spiel? Richtig jagen ist es so wie ich es sehe auch nicht! Wie kann ich es ändern? Immer Leine? Ist auch keine Lösung.“
Wann handelt es sich eigentlich um jagdliches Verhalten, beziehungsweise eine jagdliche Motivation und was kann man jetzt dagegen machen?
Es gibt mehrere Autoren, welche die Begrifflichkeiten der Handlungskette beim Jagdverhalten unterschiedlich benennen, sich im Großen und Ganzen aber ergänzen.
Interessant ist nämlich, dass das angeborene Jagdverhalten des Hundes durch die immer selbe Abfolge von Verhaltensweisen gekennzeichnet ist. Dies ermöglicht uns Hundebesitzern beispielsweise, Jagdverhalten frühzeitig zu erkennen und Managementmaßnahmen, wie den Rückruf, einzuleiten. Schauen wir einmal, ob wir die oben genannten Verhaltensweisen dem Jagen zuordnen können. Wichtig ist noch zu wissen, dass je nach Rasse die Verhaltenskette ab einem bestimmten Element abbricht, also typischerweise bei diesen Rassen nicht mehr alle Elemente gezeigt werden. So zeigen nordische Hunde oftmals noch die ursprüngliche Variante der Verhaltenskette, während beispielsweise Apportierhunde Beutetiere nicht töten sollen. Außerdem zeigen bestimmte Rassen einzelne Elemente der Verhaltenskette verstärkt, andere Elemente dafür dann aber abgeschwächt. So sollen Vorstehhunde vor allem Fixieren und Anpirschen, aber nicht unbedingt Hetzen und Packen.
Was kannst du aus dem heutigen Artikel für dich mitnehmen?
Du lernst heute die verschiedenen Element der Handlungskette beim Jagdverhalten des Hundes kennen. Ich habe mir zwei Merksätze überlegt, die dir dabei helfen, die Begrifflichkeiten in der richtigen Reihenfolge zu merken. Ich möchte dir nämlich gerne folgende Aufgabe für die Woche mitgeben. Schau mal auf dem Spaziergang, welche dieser Elemente du bei deinem Hund beobachten kannst. Vielleicht fallen dir dabei rassespezifische Besonderheiten auf.
Starten wir mit der Handlungskette nach Coppinger (2001):
„Otto findet Annas Hunde-Praxis toll zum fachsimpeln“
- Orten: die Beute wahrnehmen
- Fixieren: Nicht aus den Augen lassen
- Anschleichen: vorsichtige Annäherung
- Hetzen: verfolgen bis man sie greifen kann
- Packen: Beute greifen
- Töten: versteht sich von selbst
- Zerreißen: in verzehrbare Stücke zerkleinern
- Fressen: dient als Nahrung
Diese Abfolge der Elemente findet also immer in dieser Reihenfolge statt, auch wenn die Verhaltenskette dann an unterschiedlichen Stellen abgebrochen wird.
Für das Training gilt: Je früher ich Jagdverhalten erkenne, desto besser kann ich den Hund aus der Situation abrufen und seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken.
Elemente der Handlungskette des Jagens beim Hund nach Clarissa von Reinhardt (2005):
„Arbeit ohne besondere Aussicht hält Zeus Tochter Zora klein.“
(falls euch ein besserer Merksatz einfällt schreibt mir gerne 🙂 )
- Auffinden der Beute (ohne Blickkontakt)
- Orientierungshaltung
- Blickkontakt zur Beute
- Anpirschen/Einkreisen
- Hetzen/Scheuchen
- Zupacken
- Töten
- Zerlegen
- Konsumieren/Wegtragen/Vergraben
Um zu der eingangs genannten Frage zurückzukommen: Eine Beurteilung oder Einschätzung, ob es sich bei dem Verhalten um eine jagdliche Motivation oder um eine andere Ursache handelt, ist es notwendig die Körpersprache zu analysieren. Anhand der Körpersprache und der Einschätzung des Hundes, ob er grundsätzlich jagdlich motiviert ist, oder ob auch beispielsweise eine territoriale, sexuelle oder soziale Motivation dabei eine Rolle spielt, muss herausgefunden werden und das spezielle Training dementsprechend aufgebaut werden.